Ella Fitzgerald:
Take Love Easy


Take Love Easy / Once I Loved / Don’t Be That Way / You’re Blase / Lush Life / A Foggy Day /
Gee Baby, Ain’t I Good To You / You Go To My Head / I Want To Talk About You
Ella Fitzgerald (voc), Joe Pass (p)
1973, Ort und genaues Datum unbekannt

Im Jahr 1975 bekam Ella Fitzgerald (1918-1996) für “Take Love Easy” als “Sängerin des Jahres” den Deutschen Schallplattenpreis verliehen. In der Begründung der Juroren der Deutschen Phonoakademie konnte man lesen: “Was Ella Fitzgerald mit dieser Aufnahme leistet, hat zurzeit nicht seinesgleichen. So vollkommen, so über ihrem eigenen Können stehend, hörte man sie in den vergangenen Jahren selten.” Tatsächlich war das Duo mit dem Gitarristen Joe Pass Herausforderung und Wagnis zugleich. Die Grande Dame des Swings, seit den Zeiten bei Chick Webb (1935-42), spätestens aber seit ihren ungewöhnlichen Scat-Vokalisen der mittleren Bebop-Phase sowohl als Entertainerin wie als virtuose Solistin bekannt, verzichtete diesmal auf jeglichen Pomp. “Take Love Easy” sollte die andere, balladeske Seite der Sängerin hervorheben und schuf eines der Meisterwerke des Kammerjazz. Selbst Gassenhauer wie Gershwins A Foggy Day und Goodmans Don’t Be That Way erschienen mit einem Mal wie eben erst ersonnen, und das lag an der uneitlen, reduzierten und organisch wirkenden Interpretation der Standards. Pass schaffte es, durch Arpeggiatur und Zerlegung der Harmonien einen Prozess der Entstehung an der Gitarre zu suggerieren, den er mit einer klassisch inspirierten Gestaltungskraft ergänzte. Fitzgerald wiederum nützte den ungewöhnlichen Platz der kargen Arrangements, um jenseits der publikumswirksamen Virtuosität an jeder farblichen, emotionalen und textlichen Nuance zu arbeiten. Volumenreich, mit intensivem Vibrato, makelloser Intonation selbst bei rauen Bluesscreams (Gee Baby, Ain’t I Good To You) und bombensicherem Timing (You Go To My Head) unterstreicht Fitzgerald ihren Rang als eine der begnadeten Interpretinnen des Jazz. Und in der Gemeinsamkeit gelingt dem Duo das Kunststück, sowohl innerhalb der Songs wie über die komplette Distanz des Albums eine klischeefreie, faszinierende Spannung zu erzeugen, die kein Weghören zulässt. Schon allein diese Eigenschaft weist “Take Love Easy” eine besondere Stellung in Ella Fitzgeralds kaum zu überblickendem Schallplattenœuvre zu.


Quelle: Dombrowski, Ralf. 2005. „Basis-Diskothek Jazz“.
Mit einem Nachwort von Manfred Scheffner.
Stuttgart: Reclam.
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung)

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